Freitag, 28. September 2007

Wie erwartet war zu Beginn eine ordentliche Portion Coolness vonnoeten - und ich staune ueber mich selbst, wie leicht ich diese aufgebracht habe. Zum Beispiel, als ich am 13. September noch vor Morgengrauen am Flughafen in Nairobi ankam und erst mal eine gute Stunde zu warten hatte, bis mich endlich ein wildfremder, aber aeusserst freundlicher Einheimischer ansprach, der sich bald als OLer entpuppte. Esther und Sammy steckten zu dieser Zeit noch tief im morgendlichen Verkehrschaos...

Mein Retter ist von Beruf Taxifahrer, was uns den Komfort eines Autos verschaffte, um unser gemeinsames Heim nahe Nairobi (Dagoretti) zu erreichen. Das "Haus", das ich mit Esther und Sammy (organisatorisches und sportliches Oberhaupt des kenyanischen OL-Clubs) bewohne, ist - fuer europaeische Verhaeltnisse - winzig und recht spartanisch, aber es ist immerhin keine Wellblechhuette, wie man sie in der unmittelbaren Nachbarschaft auch finden kann. Ich kann mich dunkel erinnern, dass mich all das anfangs schon etwas schockiert hat - doch mittlerweile ist mir mein Umfeld schon so selbstverstaendlich und ich fuehle mich hier derart wohl, dass ich das kaum noch nachvollziehen kann.

Wir wohnen bereits im laendlicheren Gebiet - um in die Stadt zu kommen nutzen wir - soweit wir nicht zu Fuss gehen - die hiesigen Oeffis, das sind die (zu Recht) beruechtigten Matatus (abenteuerlich klapprige und dabei extrem rasante Kleinbusse, die ich aber heiss liebe) sowie andere Busunternehmen, die alle natuerlich ohne Fahrplan verkehren. Nairobis Strassen sind stets gefuellt mit Menschenmassen - und so kann es schon mal vorkommen, dass man sich abends ueber eine Stunde fuer einen Bus stadtauswaerts anstellen muss...

Die Menschen hier - zumindest im laendlichen Raum - sind unglaublich freundlich und sehr kommunikativ. Und ich als Weisse bin allein durch meine Anwesenheit schon beinahe eine Sensation - vor allem fuer die Kinder, die mich oft schon von weitem mit "how are you" oder etwas, das so aehnlich klingt, begruessen. Aber nicht nur die Kinder freuen sich, wenn sie mir die Hand geben duerfen - ich glaube, Esther und Sammy haben meinetwegen allein in den letzten zweieinhalb Wochen ziemlich viele Bekanntschaften gemacht. Im Zuge dessen habe ich auch schon einige afrikanische Namen verpasst bekommen - wie Wairimu, Wanjiku oder Nafula. Gluecklicherweise sind die Afrikaner sehr geduldig mit mir, wenn es darum geht, ihr oft recht eigentuemliches Englisch zu verstehen. Esther und Sammy versuchen aber auch schon unermuedlich, eine "Kenyan lady" aus mir zu machen, indem sie mir Kiswahili beibringen - fuer mehr als einen Gruss bzw. die passende Antwort reicht es momentan aber noch nicht.

Das Lauftraining besteht aus einem taeglichen "morning run" (60-120min) - die Uhrzeit variiert, um sich an alle Temperaturen zu gewoehnen - und gegen Mittag optional noch eine kurze Einheit "hill work" oder "speed work" (Fahrtspiele und Intervalle) - diese beschraenken sich momentan aber noch auf ein- bis zweimal pro Woche. Weiters besteht die Moeglichkeit eines etwa 45minuetigen "evening run" zur Regeneration und mindestens jeden zweiten Tag stehen Situps, Liegestuetze und Aehnliches auf dem Programm. Jedes Lauftraining wird mit Stretching und anderen Uebungen nachbereitet und ausserdem gibt es etwa zweimal pro Woche Massage!

Auf Regeneration wird generell sehr geachtet, ausserdem ist das afrikanische Essen regelrechte Kraftnahrung und ich habe hart zu kaempfen mit den enormen Portionen, die mir vorgesetzt werden! Fleisch gab es bisher nur dreimal, hauptsaechlich gibts Getreide und Gemuese frisch aus dem Garten - und ebenso frisch ist die Milch, die wir fuer die Unmengen an Tee benoetigen, die wir taeglich vertilgen. Dabei werden Wasser, Milch und Tee gemeinsam erhitzt, nur der (Rohr-)Zucker kommt spaeter dazu (und das nicht zu knapp).

Sonntags ist trainingsfrei - denn OL zaehlt nicht so richtig. Letzten Sonntag kam ich also erstmals (vorletzten Sonntag war nur mal Kennenlernen angesagt) in den Genuss eines kenyanischen OL-Trainings bzw. ich half es zu organisieren. Hier wartet noch einiges an Arbeit! Unter anderem die Aufnahme von ein paar mehr Informationen ausser dem blossen Wegenetz in die OL-Karte "Arboretum", ein Park in Nairobi (siehe auch Orientierung 2/07). In Ermangelung weiterer Karten trainieren sie fast ausschliesslich auf dieser Karte - trotzdem existieren noch grobe O-Schwierigkeiten. Um es etwas zu erschweren, pflegt Sammy die Postenschirme im Postenraum regelrecht zu verstecken (zum Beispiel in einem Busch), sodass es eine regelrechte Ostereiersuche wird. Ein Posten war so gut versteckt, dass alle dachten, er sei gestohlen worden - was auch nicht selten vorkommt!

Zuletzt noch ein paar Worte zu dem Kinderheim, das ich bzw. wir etwa dreimal die Woche besuchen. Es traegt den Namen "children's garden" und wird von einem Kenyaner und seiner Frau geleitet. Finanziell erhalten wird es von einem kanadischen Sponsor, den wir auch schon kennenlernen durften. Das Heim beherbergt rund 100 (Waisen-)Kinder, weitere 100 kommen nur uebertags, um die dortige Schule zu besuchen und die gemeinsamen Spielmoeglichkeiten zu nutzen.

Vorerst gilt es, die Kinder ein wenig kennenzulernen und ihr Vertrauen zu gewinnen, indem wir uns einfach mit ihnen beschaeftigen, mit ihnen spielen. Dann wird sich zeigen, wie ich mich auch konkret mit praktischen Handgriffen nuetzlich machen kann.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Ursi !
Na endlich einmal Nachricht von dir und noch dazu so interessantes und positives.Bei uns ists jetzt schon sehr herbstlich,sowohl vom Wetter her als auch der Stimmung unter den OL- ern nach.Vielleicht kannst du ja das Diskussionsforum des OEFOL lesen.Auch das Interesse an den Nacht OLs scheint nicht sehr gross zu sein.Jedenfalls viele liebe Grüsse ins ferne Kenia und vor allem auch an Esther,Sammy und Co
Kristian und Familie

Thomas Veitsberger hat gesagt…

Auch von mir ganz liebe Grüsse!

Trainier recht brav und schau das du eine g'scheite Farb kriegst! Wir wollen sehen das du in Afrika warst!

Falls noch Probleme mit Blog etc. sind schreib einfach!

LG Veitsi

Anonym hat gesagt…

Hi Ursi!

Spannende Geschichte!
Scheint echt super zu sein da unten...

lg
Wolfi

Martin Veitsberger hat gesagt…

Hi Ursi!
Hört sich ja recht spannend an da bei dir in Afrika! Schön, dass das mit dem Blog so gut funktioniert.

Liebe Grüße
Martin

Anonym hat gesagt…

Liebe Ursi!
Komm mir zwar blöd vor, hier was zu schreiben, aber ist ja wurscht!
Dein Bericht ist echt gut und danke für deine Mail!
Hab dich lieb,
dein Schwesterlein
Ruth

Ach ja, das Vermiss-dich-Gefühl hat sich noch immer nicht eingestellt *gg*!

Pierre Kaltenbacher hat gesagt…

Hi Ursi!
Wenn ich deine Zeilen so lese, darf sich in Zukunft keine Dame mehr aufregen dass es für sie keinen Platz im HLSZ gibt... das HLSZ für Damen ist halt nicht in Seebenstein sondern in Dagoretti ;-)
Nein, Spass beiseite, ich freu mich zu lesen das es dir gut geht und du dich auch schon ein bisschen eingelebt hast.
Deine Trainingswoche klingt auch ziemlich saftig, ich bin schon gespannt auf weitere Einträge/News dazu!
Ich wünsch dir noch viel Spass beim Trainieren vor Ort, v.a. aber viel Vergnügen und Elan bei deinem bewundernswerten sozialen Engagement im children's garden!
lg aus Graz
Pierre

Anonym hat gesagt…

Hej Ursi!
Freut mich, dass es dir so gut gefällt. - bin schon gepsannt auf einige Fotos vom Haus, von der Umgebung, von dir und den Kindern... :)
Hui, das Training scheint auch sehr "heftig" zu sein, aber auch total lustig-zu wievielt trainiert ihr immer?
Wünsch dir was, freu mich schon auf den nächsten Eintrag von dir :)
glg Stephi